Am Anfang hat mich nie jemand beachtet. Obwohl ich voller
Blut war. Hätte auch Farbe sein können. War es aber nicht. Aber wer vermutet
schon, dass das echtes Blut ist? Noch dazu, bei mir, wo ich so klein bin und
mich nicht mal bewegen könnte. Ja in euren Augen kann ich mich nicht bewegen.
Aber ich kann es. Deswegen klebt an mir auch Blut. Hahahah. Ich kann gut
lachen. Ich kann gut Angst einjagen, mit meinem Lachen. Ein tiefes dunkles
Lachen. Immer wenn jemand alleine auf dem Gang ist, fange ich an zu lachen. Und
dann laufen sie. Laufen. Laufen. Laufen. Aber da ist niemand. Nur ich. Manche
lachen mich aus. Manche finden mich süß. Manche nehmen mich einfach mit und
setzen mich wo anders hin. Das find ich scheiße. Ich bin ja nicht umsonst an
diesem Ort. Ich muss ja der Klinik einen gewissen Schutz bieten. Der Klinik,
mein Zuhause. Mich hat ein Patient hinterlassen. Der war ein bisschen Plem plem
im Kopf, weshalb er mich in seinem Alter auch noch besessen hat. Aber sehr lieb
zu mir. Der hat mich respektiert. Er hieß Egon. Und hat am Schluss jemand
umgebracht. Ja verdammt, glaubt es mir. Oder nicht. Ich hab ein skurriles Leben
hinter mir. Ich bin ich. Also respektiert mich! Na gut, das war gelogen. ER hat
niemanden umgebracht. Aber ich. Du glaubst mir immer noch nicht, gell? Ach ich
lass es lieber. Einem Hasen glaubt man ja nicht. Schon gar nicht, wenn er
türkisblau ist. Ich habe trotzdem Blut an mir kleben.
Ich sehe euch alle. Ich kenne euch. Ich kenn das Mädchen,
welches schon 18 mal in der Klinik war. Ich kenne den jungen Mann, welcher auf
dem Einrad durch die Gänge gekurvt ist. Ich kenne den Drachen Mann, wo ich
Model spielen musste. Ich kenne diese junge Frau, die mich in ihren Armen hielt
und fast zerquetschte. Ich bin nicht so niedlich, wie ich aussehe. Blut!
Ob du es willst oder nicht, ich fange noch mal damit an. Es
war so. Egon wurde gequält. Von den Pflegern. Eigentlich war er ja in der
Klinik, um gesund zu werden. Aber er hatte auch noch einen anderen Grund.
Früher war er Ermittler. Also Polizist. Damals ging das Gerücht um, dass die
Patienten durch Eingriff der Ärzte gestorben sind. Hitler hat das verordnet. Um
Experimente an ihnen durch zu führen. Oder ihren Körper zu zerteilen. Und da
die Versehrten, nicht schnell genug starben, hat man eben nachgeholfen.
Darunter auch Egon. Aber sie hatten nicht mit mir gerechnet.
So wie es der Zufall wollte, stand ich auf dem
Schrank, in Egons Zimmer. Er lächelte mir aus seinem Bett zu. Ich tat es so gut
wie ich konnte. Ich konnte meine Schnauze nicht verändern. Damals. Er hatte mir
ein Küchenmesser auf den Schrank gelegt. Ich glaube, für sich selbst zum
Schutz. Falls sie es wieder probieren wollten. Griff er nach dem Messer und
würde es ihnen in den Bauch stoßen. Aber ich war nun schließlich auch mal an
diesem besagten Tag da. Und ich wollte nicht, dass mein guter Freund stirbt.
Als der Arzt das Zimmer betrat und verkündete: ,, So, heute werden wir Sie von
Ihren Qualen befreien. Egon!". Dabei lachte er. Aber mein Lachen war
grausamer. Er reckte seinen Kopf in meine Richtung. Und ich hatte freie Bahn.
Ich sprang im hohen Bogen auf seinen nackten Hals zu und versenkte das Messer
in seiner Kehle. Blut spritzte. Und ich bekam verdammt viel davon ab. Egon
sprang aus seinem Bett und hob den Arzt auf und hievte ihn aus dem Fenster. Wir
waren im dritten Stock. Und er fiel. Unten angekommen, zerbrach sein Schädel.
Vom eigentlichen Grund war nix mehr zu sehen. Wir hatten nur nicht bedacht,
dass das Blut überall in unserem Zimmer zu sehen war. Und weil Egon eben so
plem plem im Kopf war, fing er an zu schreien. Er nahm mich und warf mich
ebenfalls aus dem Fenster. Das fand ich nicht nett. Ich hatte ihm sein Leben
gerettet und er schmiss mich aus dem Fenster. Kurze Zeit später fing er an zu
weinen und bat um Verzeihung. Er wollte mich holen. Aber er kam nicht dazu.
Schwestern
kamen in sein Zimmer geeilt, sahen das Messer, das Blut und mich und den Arzt
auf dem Boden liegen. Sie verbannten ihn aus der Klinik. Mich wunderte es, dass
sie ihn nicht doch umbrachten. Vielleicht war das auch wirklich nur ein
Gerücht. Und ich hatte den Arzt ohne Grund umgebracht. Naja, jedenfalls kam
Egon ins Gefängnis. Ich glaube er sitzt heute immer noch drinnen. Aber die
Leichenkammer gibt es immer noch in der Klinik. Allerdings wurde sie
eingemauert. Damit niemand das Geheimnis aufdeckt. Ja, mich hat man nach der
Tat versucht zu waschen. Aber das Blut wollte einfach nicht abgehen. Deswegen
verstauten sie mich auf dem Dachboden. Da sitze ich bis heute noch und lache.
Allerdings bleibe ich nicht lange an einem Ort. Da ich immer wo anders hingehe.
Der Geist. Das Mädchen, welches schon 18 mal in der Klinik war, hat ein Geist
auf einem ihrer Bilder entdeckt. Das ist
der Arzt. Der ohne Grund umgebracht wurde. Aber sie glaubt nicht mehr daran,
dass das ein Geist ist. Deswegen weiß das mal wieder niemand. Sie kommt auch
nicht mehr so oft. Weil so viele Vandalen hier in der Klinik ihr Unwesen
getrieben haben. Ach... Wartet mal. Da kursiert ja noch ein Geisterfoto im
Internet. Woher ich davon weiß? Ich weiß halt alles. Nur nicht das mit Arzt.
Also, dass er eigentlich Egon nur helfen wollte. Das Messer hatte er nur für
seine Salami dort oben auf bewahrt. Er klaute sich immer etwas von der riesen
Salami.
Aber das war mir nicht mehr bewusst. Gerüchte eben. Dumm gelaufen.
Diese schwebende Frau im Nachthemd. Die hat sich umgebracht, weil es sie
verdammte Angst hatte. Sie glaubte, von Geistern heimgesucht zu werden.
Deswegen hat sie sich in einer Nacht, als es ihr zu viel wurde, das Leben
genommen. Sie ist auf den Dachboden gegangen, hat mich erblickt, und ich hab
sie scheinbar so erschreckt, dass sie aufs Dach geklettert ist und gesprungen
ist. Damit hat sie sich keinen Gefallen getan. Denn jetzt spukt sie in der
Klinik umher. Aber sie erscheint nur, wenn du an Geister glaubst.
Also kannst du mich auch wieder für blöd verkaufen. Hahaha.
Lieben Gruß,
Hasi.
©Conni Bannasch
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